Donnerstag, 29. September 2011

Andre Agassi vs. Charakterschmiede Kirche

Agassi und die Sehnsucht nach Anerkennung
André Agassi schreibt in seiner Autobiographie über die furchtbaren Heim-Fahrten mit seinem furchtbaren Vater. Jeder Fehler des jungen Agassi auf dem Tennisplatz brachte den Vater in Rage. Im Auto brüllte der Vater dann immer den jungen wehrlosen André nieder. Aus Angst vor diesen Fahrten und dem Gebrüll perfektionierte dieser sein Tennis Spiel immer mehr.

Irgendwann machte es jedoch Klick und der schreiende Vater war in Agassi eingepfropft worden. Der Vater war nicht mehr nötig für die Perfektionierung seines Spiels. Der Schreihals war nun in ihm selbst. Er war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Andre kritisierte sich nun selbst ob eines Fehlers oder verlorenen Spiels. Tausende Stunden harten Trainings opferte er, um diesen Schreihals in ihm zufrieden zu stellen und zum Schweigen zu bringen.

Sucht nach Coolness
Viele Menschen wurden so wie Agassi programmiert. Sie opfern sehr viel oder arbeiten sehr hart, um dem inneren Kritiker/Schreier zu beweisen, dass sie wertvoll oder auch cool sind: Geld, Porsche, Villa, Macht, Sex, Ehre... Oder Drogen sollen es wenigstens vorspiegeln.

Mancher bringt es zu Geld, Porsche, Villa, Macht, Sex, Ehre..., viele scheitern oder bleiben auf halbem Weg dahin irgendwo stecken. Alle opfern Lebenszeit und -kraft für einen Beweis, den sie eigentlich nicht schuldig sind. Der Andre mit dem miesen Aufschlag ist so wertvoll wie der Andre mit dem Weltklasse-Aufschlag. Auch der Klaus in der Mietwohnung ist so liebenswert wie der Millionen schwere Klaus. Es glaubt nur fast keiner.

Wer seine Berufung lebt, lebt ein gutes Leben. Wer nur den aufgezwungenen eingepfropften Schreihals in sich zufrieden stellen will und seine Berufung verfehlt, lebt ein scheußliches Leben.

Krieg gegen die Seele
Der innere Schreihals verlangt nach Geld, Sex, Macht...Um dahin zu kommen, müssen wir hart arbeiten, aber oft auch tricksen: manipulieren, schleimen, andere zusammenfalten, intrigieren, lügen, die Halbwahrheit sagen, täuschen, betrügen, Hundeblick, Großspurigkeit, das kleine Mädchen-Spiel, sexy Blick.... Das ganze Waffenarsenal des modernen Menschen, mit dem wir uns gegenseitig die Luft ablassen. Wer anderen mehr Luft ablässt als die ihm, ist vorübergehend oben. Andernfalls ist man unten.

"Ich liebe Dich so wie Du bist. Du bist ok. Hör auf damit!"
Wenn einer dann völlig platt ist und keine andere Hoffnung mehr hat oder alt oder krank geworden ist, kommt er in die Kirche. Er bringt seine Waffen und seinen Hunger nach Anerkennung und Liebe mit. Dort ist es einerseits wie draußen, weil dort eben auch Menschen sind: so wie sie eben sind.

Dort ist es aber auch völlig anders, weil es dort bedingungslose Anerkennung und Liebe gibt. Kein Beweis ist erforderlich. Der Schreier in mir mag mich anschreien und Beweise für meine Coolness oder dafür, dass ich liebenswert bin, einfordern. Doch Gott sagt mir: "Ich liebe Dich so wie Du bist. Du bist ok. Wirf Deine Waffen weg, hör damit auf, Dir selbst und anderen weh zu tun. Tu das, was richtig ist."

Und wenn ich Gott glaube und nicht dem Schreier in mir, dann fällt der ganze nutzlose Ballast ab. Und das Leben macht Spaß, weil ich niemandem etwas beweisen muss. Ich tu, was ich kann. Und den Rest tut Gott.

Vielleicht hat das Pfarrer Hans Spiegl aus Mistelbach bei Wien mit seinem Podcast gemeint. Demnach scheitert der Mensch so wie er ist in der Kirche und erhält so die Chance, sich zu ändern und das echte Leben zu leben anstatt dem Schreihals in uns oder dem Schreihals anderer zu dienen.

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